Mittwoch, 19. April 2017

9,5 Thesen


Die Zeiten werden immer irrer und mir fallen noch nicht einmal 9,5 Thesen dazu ein, wo doch andere Wortesheroen doch gleich ganze Türen mit ihrem Sprachauswurf vollnagelten…

DAS wollen wir doch ersteinmal sehen! Fangen wir mal an:

Da wird derzeit ein vor fünfhundert Jahren lebender, kleiner, dicker, im ganzen unscheinbarer Mönch für etwas gefeiert, was er gar nicht wollte. Eine Reform seiner Kirche „an Haupt und Gliedern“ wollte er, heraus kam eine gewaltige und gewaltätige Spaltung nicht nur der Kirche, sondern der ganzen Gesellschaft, ja des ganzen Kontinents, auf dem der kleine Mann aus dem heiligen römischen Reich der tumben Nation, herumscribierte. Die Legende von den Thesen an der Kirchentür ist wohl vor allem eines: eine Legende eben, eine für die tumbe Nation, die bis heute keine ist, sondern immer nur Volk blieb. Kann ja sein, daß man uns weiß machen will, daß er als erster Mensch dieses große Legendenbuch mit Geschichten für jeden Geschmack und jeden Zweck in die deutsche Sprache übersetzt habe, aber wer weiß schon etwas von anderen Autoren oder Ausgaben? Da gibt es die Bibel des Johannes Mentelin, gedruckt 1466 in Straßburg. Oder die des Heinrich Eggestein, ebenfalls vor 1470 in Straßburg gedruckt. Oder die Bibeln von Günther Zainer von 1475 aus Augsburg, oder die von Pflanzmann, Zainer und Sorg, ebenfalls alle aus Augsburg? Erwähnt werden müssen natürlich auch die Kölner Bibeln (1478/79) und die Lübecker Bibel von 1494, neben diesen gab es aber auch noch eine ganze Reihe von weiteren Bibeln aus Augsburg, Nürnberg und auch aus Halberstadt. Insgesamt sind es daher also wenigstens 18 gedruckte Bibelübersetzungen vor dem Herrn Luther.
Was aber auffällt, ist die Tatsache, daß es oftmals Drucker waren, die diese neuen, deutschen Versionen des Buches der Bücher herausbrachten. Also keine Theologen. Und das kann ja mal gar nicht angehen. Menschen aus der „normalen“ Gesellschaft. Unmöglich. Ganz und gar. Das schreit ja geradezu nach einer autorisierten Version, von oben in Auftrag gegeben und unters Volk gebracht von natürlich studiert habenden Theologen also. War der dicke Martin nur ein Auftragsschreiber, Ghostwriter sozusagen? Man muss es fast für möglich halten. Die Reinheit der Lehre, welcher auch immer, ist zu wichtig. Immer.

In diesem Jahr wird also mit größtmöglichem Trara hinausposaunt, welche kulturelle Großtat dieser „Doctor“ als Erster vollbracht habe, wie gesehen entgegengesetzt zur Wirklichkeit. Auch mag man ja wohl die Frage stellen, ob es wirklich eine so sehr erwähnenswerte und herauszustellende Tat ist, diese nahöstliche Textsammlung übersetzt zu haben.
Aber lassen wir es gut sein. Viel wichtiger ist, was sonst noch so passierte. Im Nachhinein. Damals. Als Folge von Herrn Luthers Großtat. Eins vor allem: man griff die Gelegenheit beim Schopfe, als Landesherr natürlich nur, um sein noch so kleines Territoriumchen gegen Kaiser und Papst wenigstens ein bisschen souveräner wirken zu lassen. Das war doch wirklich etwas Großes. Als Tat!
Nebenbei konnte man dann seine vongottesgnaden Untertanen noch besser kujonieren, natürlich nicht nur der Religion wegen -wegen der man sich ja später noch des öfteren auf dem Felde der Ehre die Köpfe einschlagen sollte-, was man ja selber sehr viel besser konnte und lieber selber zu machen sich gerne entschloss, als der jeweilige örtliche „römische“ Statthalter. Und Aufstände, gar von niederem Volk, Bauern gar, wollte man natürlich auch nicht, da half dann auch der Doctor Martin gerne mit passendem Wortgeschwalle zur natürlich gottgefälligen Begründung des Menschenschlachtens aus.
Was soll man also sonst noch so sagen. Zu dem wirklichen tollen (sic!) Lutherjahr? Daß man sich ja hier wohl nur selber feiert! Seine Macht und seine Pfründe, vor allem letztere, denn die sind ja den Herren und Damen auf den Kanzeln das Wichtigste. Oder wie sagte es mal vor ein paar Jahren ein studierter Wortverdreher aus der badenwürttembergischen Kirchenobrigkeit im Fernsehen: „Das steht uns zu!“. Die Pfründe natürlich und der Zehnte, der natürlich auch! Immerdar. Natürlich völlig grundlos. Und mit nichts begründbar. Warum auch? Steht ihnen ja zu. Denn wenn die es sagen, dann muss ja so sein und nicht irgendwie anders. Das ginge ja gar nicht. Vor allem nicht in Tumbland.


Und was passierte sonst noch so im Lande?

Da gibt es in Berlin, jaja auch in Brandenburg, so eine Sendeanstalt namens rbb, die sich oft, ja täglich mit frommen Bibelfunk hervortut, und zwar u.a. auf seinem Sender radioberlin 88,8. Neulich kam es am 1. April 2017 besonders schlimmschön aus dem Lautsprecher:

Erzbischof Dr. Koch:
Am 13. Mai 1917, die Welt befindet sich seit drei Jahren in einem erbarmungslosen Krieg, sehen drei Kinder am Himmel eine Frau, die sie als „schöner und heller als die Sonne“ bezeichnen. Die Frau stellt sich ihnen als „Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz“ vor, als die Gottesmutter Maria und spricht von Buße, Umkehr und vom Frieden.
Der kleine Ort, an dem sich das ereignet hat, liegt am westlichsten Ende Europas und heißt Fatima. Die katholische Kirche hat das, was die Kinder gesehen haben, als eine Marienerscheinung anerkannt, Fatima ist heute einer der größten Wallfahrtsorte, nicht nur der Christenheit. Millionen Menschen pilgern dorthin, um für ihre persönlichen Anliegen, aber auch für den Frieden in der Welt zu beten.
Gleichzeitig sind Marienerscheinungen auch für manchen Katholiken nicht so besonders „angesagt“. Manche halten solche Erscheinungen auch für völlig unmöglich – allenfalls für Halluzinationen. Aber: wer sagt denn, dass es nicht mehr geben kann, als den fassbaren und erforschbaren Kosmos? Wäre es nicht ein Zeichen redlicher Bescheidenheit, zuzugeben, dass die Grenzen unserer Erkenntnis nichts darüber aussagen, ob es nicht doch mehr gibt, als wir uns vorstellen können? Dass es eine göttliche Welt geben kann, in der wir vielleicht nur ein kleiner Teil sind?
Die Kinder von Fatima sehen tiefer und weiter, weil ihnen von Gott mehr gezeigt wurde. Wieso soll das unmöglich sein? Zudem sind die Gebetsanliegen in Fatima weiterhin sehr aktuell: Umkehr und Frieden hat die Welt nach wie vor dringend nötig.
Dafür müssen wir allerdings nicht nach Fatima fahren. Denn anlässlich des 100. Jubiläums der Erscheinungen kommt eine Abbildung der Muttergottes von Fatima zu uns nach Berlin, heute Nachmittag macht sie Station in Spandau. Und dort werde ich im Geist von Fatima – hoffentlich mit vielen anderen Christen – für den Frieden beten, in der Welt, in unserem Land, in unserer Stadt, aber auch in unseren Beziehungen und Familien.
Für mich wird an Fatima deutlich, dass Himmel und Erde zusammengehören, die Erscheinung am Himmel hat nur eine Bedeutung, wenn sie auch eine verändernde Wirkung auf uns hat, sonst wäre es sinnlose Zauberei.“
Hier ist also schön zu sehen, daß die Menschheit für dumm, nein für saudumm verkauft werden soll. Heute noch. Nach all der Aufklärung und den Jahrhunderten des Kampfes gegen die Kirchen, fällt denen immer noch nichts Neues ein! Wie schreibt doch der Herr Bischof so schön: „Die Kinder von Fatima sehen tiefer und weiter… -und weiter noch- ...zuzugeben, dass die Grenzen unserer Erkenntnis nichts zu sagen, ob es nicht doch mehr gibt, als wir uns vorstellen können… -oder noch mehr- ...die Erscheinung am Himmel hat nur eine Bedeutung, wenn sie auch eine verändernde Wirkung auf uns hat, sonst wäre es sinnlose Zauberei...“
Also ersteinmal Herr Koch: Die Erkenntnis über Grenzen der Erkenntnis zum Anlass zu nehmen, die Religion als Erkenntnisersatz zu nehmen, ist zu einfach, ja unehrlich und feige, denn warum sollte man die Grenzen der Erkenntnis nicht nach vorne verschieben? Es ist ganz anders Herr Koch. Sie, wie alle ihrer Zunft seit allen Zeiten, wollen bestimmen, wo der Mensch aufhören soll, die Grenzen der Erkenntnis zu überschreiten! Wie immer, Herr Koch! So billig, ja saubillig und so leicht zu durchschauen! Ihr Text ist weder Zauberei, noch sonst irgendwas, sondern nur leeres Wortgeklingel, was anderes war ja auch nicht zu erwarten. Man kennt euch Täter ja schon länger, nicht wahr?


Und das Ganze wurde natürlich vom tumben deutschen Rundfunkbeitragszahler möglich gemacht. Zwangsweise natürlich.


Und wo wurde noch zur Menschheitsentwicklung beigetragen? Na, wer kommt drauf? Keiner? Na, wo denn wohl? In Amerika natürlich, in den Vereinigten Staaten besser gesagt! Nein, nicht der Donald. Das wäre ja zu einfach und nicht komisch genug!

Die Geschichte geht nämlich so:

Dass man dort drüben in Amerika sich selbst für sehr gottesfürchtig hält, ist ja allgemein bekannt. Nun hat aber diese besondere, amerikanische Gläubigkeit eine neue Steigerung erhalten, die nicht unerwähnt bleiben sollte. In einer Gemeinde in Indianapolis ist man seit neuestem der Meinung, daß ein gewisser Mr. Trump Gottes Plan und Werk in die Tat umsetze. Die Gläubigen dort meinen doch tatsächlich, Trump sei ein neuer Perserkönig Kyros, der Babylon eroberte und die Juden dort befreit haben soll, und das obwohl der König ein Heide war. So bekommt dieser Donald auch noch höchste, ja göttliche Weihen.
Man fasst es nicht.

Labels: , , , , , , , , ,