Montag, 29. Mai 2017

Grusel

Bei diesem gruseligen Kirchentag hatte man ja den wunderbaren Einfall, einen Friedensnobelpreisträger einzuladen. Und wie wird man ein solcher Träger? In dem man Kampfdrohnen in fremde Länder schickt, um dort Menschen über den Haufen zu schiessen.
Ohne Anklage, ohne Prozess, ohne Verteidigung, ohne Urteil, ohne Richter. Einfach so. Weil es ein Obama -und jetzt wohl auch ein Trump- mit seinen Geheimdiensten so will. So werden westliche Werte demonstriert und verteidigt! Und hinterher beschwert man sich, daß die Terrorgefahr nicht nachlässt. Ja wie sollte sie auch nachlassen, wenn man der Gegenseite immer neue Argumente bombt, äh liefert!
Aber Hauptsache beim "Kirchentage" auftreten und sich wichtig machen. Denn darum geht es ja.

Reformer?

Da wird derzeit ein vor fünfhundert Jahren lebender, kleiner, dicker, im ganzen unscheinbarer Mönch für etwas gefeiert, was er gar nicht wollte. Eine Reform seiner Kirche „an Haupt und Gliedern“ wollte er, heraus kam eine gewaltige und gewaltätige Spaltung nicht nur der Kirche, sondern der ganzen Gesellschaft, ja des ganzen Kontinents, auf dem der kleine Mann aus dem heiligen römischen Reich der tumben Nation, herumscribierte. Die Legende von den Thesen an der Kirchentür ist wohl vor allem eines: eine Legende eben, eine für die tumbe Nation, die bis heute keine ist, sondern immer nur Volk blieb. Kann ja sein, daß man uns weiß machen will, daß er als erster Mensch dieses große Legendenbuch mit Geschichten für jeden Geschmack und jeden Zweck in die deutsche Sprache übersetzt habe, aber wer weiß schon etwas von anderen Autoren oder Ausgaben? Da gibt es die Bibel des Johannes Mentelin, gedruckt 1466 in Straßburg. Oder die des Heinrich Eggestein, ebenfalls vor 1470 in Straßburg gedruckt. Oder die Bibeln von Günther Zainer von 1475 aus Augsburg, oder die von Pflanzmann, Zainer und Sorg, ebenfalls alle aus Augsburg? Erwähnt werden müssen natürlich auch die Kölner Bibeln (1478/79) und die Lübecker Bibel von 1494, neben diesen gab es aber auch noch eine ganze Reihe von weiteren Bibeln aus Augsburg, Nürnberg und auch aus Halberstadt. Insgesamt sind es daher also wenigstens 18 gedruckte Bibelübersetzungen vor dem Herrn Luther.
Was aber auffällt, ist die Tatsache, daß es oftmals Drucker waren, die diese neuen, deutschen Versionen des Buches der Bücher herausbrachten. Also keine Theologen. Und das kann ja mal gar nicht angehen. Menschen aus der „normalen“ Gesellschaft. Unmöglich. Ganz und gar. Das schreit ja geradezu nach einer autorisierten Version, von oben in Auftrag gegeben und unters Volk gebracht von natürlich studiert habenden Theologen also. War der dicke Martin nur ein Auftragsschreiber, Ghostwriter sozusagen? Man muss es fast für möglich halten. Die Reinheit der Lehre, welcher auch immer, ist zu wichtig. Immer.
In diesem Jahr wird also mit größtmöglichem Trara hinausposaunt, welche kulturelle Großtat dieser „Doctor“ als Erster vollbracht habe, wie gesehen entgegengesetzt zur Wirklichkeit. Auch mag man ja wohl die Frage stellen, ob es wirklich eine so sehr erwähnenswerte und herauszustellende Tat ist, diese nahöstliche Textsammlung übersetzt zu haben.
Aber lassen wir es gut sein. Viel wichtiger ist, was sonst noch so passierte. Im Nachhinein. Damals. Als Folge von Herrn Luthers Großtat. Eins vor allem: man griff die Gelegenheit beim Schopfe, als Landesherr natürlich nur, um sein noch so kleines Territoriumchen gegen Kaiser und Papst wenigstens ein bisschen souveräner wirken zu lassen. Das war doch wirklich etwas Großes. Als Tat!
Nebenbei konnte man dann seine vongottesgnaden Untertanen noch besser kujonieren, natürlich nicht nur der Religion wegen -wegen der man sich ja später noch des öfteren auf dem Felde der Ehre die Köpfe einschlagen sollte-, was man ja selber sehr viel besser konnte und lieber selber zu machen sich gerne entschloss, als der jeweilige örtliche „römische“ Statthalter. Und Aufstände, gar von niederem Volk, Bauern gar, wollte man natürlich auch nicht, da half dann auch der Doctor Martin gerne mit passendem Wortgeschwalle zur natürlich gottgefälligen Begründung des Menschenschlachtens aus.
Was soll man also sonst noch so sagen. Zu dem wirklichen tollen (sic!) Lutherjahr? Daß man sich ja hier wohl nur selber feiert! Seine Macht und seine Pfründe, vor allem letztere, denn die sind ja den Herren und Damen auf den Kanzeln das Wichtigste. Oder wie sagte es mal vor ein paar Jahren ein studierter Wortverdreher aus der badenwürttembergischen Kirchenobrigkeit im Fernsehen: „Das steht uns zu!“. Die Pfründe natürlich und der Zehnte, der natürlich auch! Immerdar. Natürlich völlig grundlos. Und mit nichts begründbar. Warum auch? Steht ihnen ja zu. Denn wenn die es sagen, dann muss ja so sein und nicht irgendwie anders. Das ginge ja gar nicht. Vor allem nicht in Tumbland.