Montag, 10. August 2015

Demokratie zu Ende "gekaudert"

So, wie der Herr Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion in seltener und brutaler Offenheit genau das Gegenteil zum Ausdruck brachte, hatten sich die Schöpfer des Grundgesetzes das genau nicht gedacht, als sie in Artikel 38 des Grundgesetzes über die Abgeordneten des Deutschen Bundestages festlegten: "Sie -die Abgeordneten- sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." 

Zwar weiß einjeder, der sich mit Politik beschäftigt, daß es schon immer Fraktionsdisziplin und Fraktionszwang gab und immer noch gibt. Man denke nur an die Zeiten des SPD-Zuchtmeisters Herbert Wehner, der seine Fraktionsmannschaft auf das strengste führte. Aber noch nie ist bisher in derartiger Offenheit ausgedrückt worden, was die Regierenden vom Parlament und der Demokratie halten.
Der Unions-Fraktionschef hat den eigenen Abgeordneten jetzt nämlich mit Strafen für Widerstand gegen den Griechenlandkurs der Regierung gedroht.  Volker Kauder hatte der Zeitung "Welt am Sonntag“ gesagt: „Diejenigen, die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten.“ Dies gelte etwa für den Haushalts- und den Europaausschuss. „Die Fraktion entsendet die Kollegen in Ausschüsse, damit sie dort die Position der Fraktion vertreten.“ Zum Juli-Ende hatten 60 der 311 Unions-Abgeordneten im Bundestag gegen die Fortführung weiterer Hilfspaketverhandlungen mit Griechenland gestimmt. Davon sind fünf Mitglieder im Haushalts- oder im Europaausschuss.  Vier andere Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion gehören einem der beiden Ausschüsse als stellvertretendes Mitglied an. Es stünden also bis zu 15 Versetzungen an. Es wäre ein höchst ungewöhnlicher Vorgang. Volker Kauder hatte wegen der zahlreichen Nein-Stimmen aus der Unionsfraktion zu neuen Griechenland-Hilfen gesagt, dass es für einzelne Abgeordnete der CDU/CSU Konsequenzen geben werde. "Die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten: etwa im Haushalts- oder Europaausschuss."
Mittlerweile läßt die CDU/CSU-Fraktion in der Angelegenheit erst mal wieder zurückrudern. Eine Fraktionssprecherin sagte, daß Volker Kauder  nicht die Absicht habe, Abgeordnete aus wichtigen Ausschüssen abzuziehen, und relativierte damit die früheren Äußerungen des Fraktionschefs.
Insgesamt also ein sehr erhellender Vorgang über die Zustände und Vorgänge im "Hohen Haus", sprich Bundestag. Solche "Transparenz" ist man ja gar nicht gewöhnt von den Damen und Herren in Berlin. Dazu paßt auch die Aussage eines gewissen ehemaligen Steuerbeamten namens Wolfgang Schäuble: "...Wahlen ändern nichts."
Aus einem anderen Winkel betrachtet muss man allerdings auch den Schluß ziehen, daß die Regierenden um Frau Merkel gar keine Argumente zu haben scheinen, denn wozu bräuchten sie dann solchen Zwang? Doch nur weil sie nicht überzeugen können. Oder noch ganz anders: Es führt kein Weg an einem Schuldenschnitt vorbei. Aber das ist ja bekanntlich nichts Neues.

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