Freitag, 12. Juni 2015

Neues von BND und NSA

Wie sich jetzt immer stärker herausstellt, kommt die Regierung immer mehr wegen der NSA-BND-Affaire in Bedrängnis. Der frühere BND-Chef Uhrlau sagte jetzt vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass er das Kanzleramt bereits im Jahre 2006 über die unrechtmäßigen Suchanfragen der NSA informiert habe.

 
Schon 2006 soll ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes über unrechtmäßige Spionageversuche des US-Geheimdienstes NSA in Europa mit Hilfe des BND informiert worden sein. Der damalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, sagte am Freitag vor dem NSA-Untersuchungsausschuss, er habe damals aus seinem Haus mündlich von den problematischen NSA-Zielen für das Ausspähen des Datenverkehrs erfahren. Als Ausspähziel wurde u.a. der Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS in dem Zusammenhang genannt worden.
Vor dem NSA-Ausschuss wollte Uhrlau sich nicht genau festlegen, ging aber davon aus, dass er seinen Ansprechpartner im Bundeskanzleramt im gleichen Jahr, also 2006, mündlich über die Angelegenheit informiert habe. "Dass die USA sich für vieles und sehr viel mehr interessieren als die Bundesrepublik Deutschland, ist mir sehr wohl bewusst gewesen", sagte Uhrlau. Uhrlau stand von 2005 bis 2011 an der Spitze des Bundesnachrichtendienstes.

Hinweise beim BND bereits 2005

Erste Hinweise auf faule Suchbegriffe oder Selektoren sollen bereits 2005 im BND aufgetaucht sein. Bislang ist lediglich bekannt geworden, dass 2008 und abermals 2010 das Kanzleramt in schriftlichen Vermerken über das Vorgehen der NSA informiert worden ist. Der BND soll für die NSA über Jahre hinweg auch Daten europäischer Institutionen und Firmen abgeschöpft haben.

Uhrlau sagte in der Sitzung: "Dass die USA sich für vieles und sehr viel mehr interessieren als die Bundesrepublik Deutschland, ist mir sehr wohl bewusst gewesen". In Uhrlaus Amtszeit tauchte der Verdacht auf US-Industriespionage auf.

Uhrlau sagte nun im Bundestagausschus auch aus, er habe bereits 2006 den zuständigen Abteilungsleiter im Kanzleramt informiert. Nicht schriftlich, aber "mündlich bestimmt", sagte Uhrlau. Den damaligen Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) habe er nicht in Kenntnis gesetzt. Das wäre Sache des Abteilungsleiters gewesen. Die Aussage stellt zumindest die Aufsichtskompetenz des damaligen Kanzleramtsministers infrage. 2008 habe es in diesem Zusammenhang ein Gespräch mit de Maizière gegeben, sagte Uhrlau weiter aus. Der jetzige Innenminister will speziell von problematischen Selektoren erst 2015 erfahren haben.

Zum Beginn der BND-NSA-Kooperation wurde laut Uhrlau nicht geprüft, ob die Amerikaner sich an die deutsche Linie halten, dass man aus Prinzip keine europäischen Ziele ausspähe. "Nicht geprüft wurde, ob die USA sich in gleichem Maße an diesen Restriktionen, die wir uns selber gesetzt haben, orientieren." Die Erkenntnisse von 2006 führten beim BND laut Uhrlau zu "intensiven Stichproben" der amerikanischen Spähziele. 

Uhrlau sagte vor dem Ausschuss weiter aus: "Es war klar, dass es ein Aufklärungsinteresse auch engster Verbündeter gegen die Bundesrepublik Deutschland gab". Neben den USA nannte er Großbritannien. Von beiden Ländern seien "statuswidrige Aktivitäten" in Deutschland bekannt gewesen, etwa Spionage durch Diplomaten. 

Je länger die  Zeugenbefragungen des NSA-Ausschuss andauern, desto mehr verfestigt sich das Bild eines Geheimdienstsystems, das zum Teil von Kompetenzwirrwarr, lückenhaften Absprachen und Schludrigkeit geprägt ist. 

Wir haben es also mit einer Regierung zu tun, die die Geheimdienste des eigenen Landes nicht unter Kontrolle hat und auch keinen Überblick über die Aktivitäten der ausländischen Dienste im Inland hat, und dagegen auch nichts unternimmt und auch nicht unternehmen will.

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